LG Optimus 4X HD: Aus zwei mach vier
2001 machte sich LG mit dem Opimus Speed als erster Hersteller eines Dual Core Smartphones einen Namen, auch wenn der Erfolg aufgrund zunächst fehlerhafter Software ausblieb. 2012 ist das Jahr der Quad Cores, doch LG ist dieses mal erst der Dritte im Bunde, denn das HTC One X ist schon seit einigen Monaten auf dem Markt und die Verkaufszahlen des Galaxy S3 lassen bereits Samsungs Kassen klingeln. Ob sich das diesjährige Flaggschiff der Koreaner besser schlägt als der glücklose Vorgänger werden wir in diesem Test erfahren.
Samsung hier, Samsung da, der Hype der koreanischen Smartphones scheint kein Ende zu finden. Dabei wird dem kleinen Bruder aus Korea oftmals die Show gestohlen. Gründe für das mangelnde Interesse sowohl der Medien und Blogger (weniger aggressives Marketing) als auch der Kunden (mäßiger Ruf der klassischen günstigen Handys) gibt es zu Hauf, auf eine genauere Analyse verzichten wir an dieser Stelle aber gerne. Denn LG’s heißes Eisen lenkt uns sehr schnell auf die positiven Aspekte der Smartphone Welt. Werfen wir zunächst einen Blick auf das Datenblatt:
- NVIDIA® Tegra® 3 Quad-Core-Prozessor mit 4-mal 1,5 GHz
- NVIDIA® GeForce™-Grafikchip
- True HD-IPS-Display 4.7 Zoll
- 2.150-mAh-Akku
- HDMI (über MHL)
- 16 GB interner Speicher, davon circa 12,26 GB frei verfügbar, 1 GB RAM, microSD Speicher-Slot für bis zu 64 GB,
- Kamera: 8,0 MP, digitaler 4x Zoom, Kamera vorne: 1,2 MP, 1.280 x 960 Pixel
- Full HD max. 1920 x 1080 Pixel Video Aufzeichnung
- Radio
- regulärer SIM-Karten-Schacht
- GPS
- NFC
- Android 4
Fällt euch etwas auf? Richtig, auf dem Papier hat das rechteckige Kraftwerk keine Schwächen. Sowohl bei Displaygröße, Auflösung, Kamera und dem austauschbaren Akku (2.150mAh!!!) machen weder das das One X noch das Galaxy S3 dem 4x HD etwas vor. Der 16 GB groß Speicher lässt sich durch eine Micro SD Karte erweitern, was ein klarer Vorteil gegenüber dem One X darstellt. Außerdem braucht man sich im Gegensatz zur Konkurrenz nicht um eine neue Micro SIM kümmern, den das 4X HD schluckt reguläre SIM-Karten. Auch die restliche Ausstattung stimmt, ob die einzelnen Komponenten halten was sie versprechen lesen wir später im Test. Zunächst wollen wir uns mal das Flaggschiff genauer anschauen.
Design und Haptik
Auf den ersten Blick erinnert das recht große Smartphone an den Kassenschlager der koreanischen Konkurrenz, das Galaxy S2. Doch bis auf die rechteckige aber leicht abgerundete Form haben die beiden nicht viel gemeinsam. Das Display wird durch einen dünnen Rahmen umegeben. Unter- und Oberhalb des Screens ist jeweils ca 1cm Platz um etwa Näherungssensor, Frontkamara, Hörmuschel (oben) und die Sensortasten (unten) unterzubringen. Hardwaretasten gibt es nicht, wodurch die Front sehr aufgeräumt wirkt.
Der Rahmen des Geräts besteht aus einem doppelläufigen chromartigen Plastikrahmen, der durch die Lücke zwischen den Läufen für einen guten Griff sorgt. Optisch ist das natürlich Geschmackssache, zumindest in der weißen mir zum Test vorliegenden Version wirkt es mir zu feminin.
Der Powerbutton befindet sich wie bei HTC an der Oberseite, was das einhändige Lösen der Tastensperre etwas erschwert. Auf der rechten Seite verzichtet man auf jegliche Tasten wie Anschlüße, was gut aussieht aber auch bedeutet, dass es keine dedizierte Kamerataste gibt. Schade, hier hätte man gegen die beiden Flaggschiffe von HTC und Samsung punkten können, nur Sony widersetzt sich mit dem Xperia S dem Trend ausgerechnet diesen praktischen Knopf einzusparen.
Das Highlight des Designs beim LG Optimus 4X HD ist zweifelsfrei die originelle Rückseite. Auf dem ersten Blick findet man auch hier nichts Besonderes, soch nimmt man das Gerät in die Hand spürt man die griffige Struktur des Plastikcovers. Es fühlt sich nicht nur an wie eine alte, raue Tapete, bei näherer betrachtung sieht es auch so aus. Schick, originell, und praktisch.
Das 4.7 Zoll große Display fordert seinen Tribut, denn klein ist das Handy nicht. Dank des dünnen Rahmen fällt es ein wenig kleiner aus als das Galaxy S3. Hier im Bild seht ihr es im Vergleich zum Galaxy S3 (4.8”), Galaxy Nexus(4.65”) und Omnia 7 (4,0”).
Optisch würde mir das Optimus 4X HD besser gefallen als die Quadcore Konkurrenz, doch der Chrom-Look des Rahmens sagt mir bei der von uns getesteten weißen Variante einfach nicht zu. Daher bleibt für mich hier das HTC One X das Maß aller Dinge.
Software und Performance
Beim Namen LG denken viele zunächst an veraltete und fehlerhafte Software. Doch hier kann ich euch gleich entwarnen: LG hat bei mit ICS eine hervorragende Arbeit geleistet. Nicht nur das die Software (fast) auf dem neusten Stand ist, sie sieht sogar gut aus, erweitert Android 4 um einige praktische Funktionen und entfernt sich dabei nicht zu arg von Googles Original. Der Launcher ist im Prinzip aufgebaut wie der von Android Jelly Bean. Es sind bis zu 7 Homescreens möglich, im Menü finden sich drei Kategorien: Anwendungen, Downloads, Widgets. Letztere verschaffen sich beim Platzieren auf den Home Screens automatisch Raum, in dem sie andere Widgets verschieben – ein Feature das eigentlich erst in Android 4.1 Jelly Bean Einzug erhält. Die Widgets sehen allesamt Klasse aus, das Wetterwidget überzeugt dabei netten Animationen wie im Wind wehenden Gräsern oder Lens Flare-Effekten.
Zusätzlich bietet LG allerhand an Möglichkeiten das Smartphone zu personalisieren. So lassen sich zum Beispiel Themes und Übergangsanimationen auswählen – Funktionen die man eigentlich nur von Software aus dem Play Store kennt.
LG erweitert die Benachrichtigungleiste um praktische Schnellzugriffe für WLAN, GPS Bluetooth und so weiter. Das kennt man bereits von Samsung, allerdings orientiert sich LG eher an der beliebten CyanogenMod9, während Samsung farblich eher dem Farbschema von Android 2 verhaftet bleibt. Wie bei CM9 oder dem Galaxy S3 lassen sich die Schaltflächen in der Reihenfolge sortieren. Ein Novum ist dabei die Schaltfläche für das QuickMemo: betätigt man diese, kann man sofort eine Notiz auf den aktuellen Screen kritzeln, dafür muss als keine App geöffnet werden. Praktisch!
Auch wenn die Software deutlich bunter und heller ist als Googles unberührtes ICS, hat man sonst keine zu großen Eingriffe vorgenommen.Telefon, Nachrichten und Kontakte App entsprechen eigentlich nur einer farblich helleren Variation der Google Apps. Auch die großen Favoritenkacheln blieben erhalten (beim Galaxy S3 mussten sie kleinen Balken weichen).
LG scheint sich ganz besonders auf die Multimedia-Funktionen beim LG Optimus 4X HD konzentriert zu haben, was bei einem Smartphone mit derart großem Display durchaus Sinn macht. Vor allem der Video Player weiß zu überzeugen. Da LG dem Smartphone einige lizenzpflichtige Codecs spendiert hat, ist das Gerät in der Lage nahezu alle Videoformate grafikbeschleunigt abzuspielen. Zum einen wird das Gerät dabei weinger warm, zum anderen spart es sehr viel Strom. Mehrstündigen Videosessions auf langen Zugfahrten steht dann also nichts mehr entgegen. Wunder bei der Akkuleistung braucht man sich aber auch hier nicht zu erwarten, denn das Große Display verbraucht am meisten Strom. Für zuätzlichen Komfort sofgen praktische Funktionen wie der Zweifinger Zoom in laufenden Videos, eine intuitive Vorschaufunktion (Finger Tip Seek), und eine Geschwindigkeitskontrolle.
Praktisch finde ich die Back-Up app, womit sich das Handy ganz einfach wiederherstellen lassen kann, wenn mal etwas schiefgelaufen sein sollte. Gerade für Flasher wäre das praktisch, wenn… dazu später mehr im Abschnitt Modding.
Mit vier Prozessorkernen unter der Haube erwartet man beim LG Optimus 4X HD natürlich auch, dass die moderne Software stets flüssig und schnell läuft. Hier wird sicher niemand enttäuscht sein, auch wenn das Smartphone keine Benchmark Rekorde bricht (rechts im Bild: Antutu). In diesen schneidet der Tegra3 Prozessor meist ein klein wenig schwächer ab als der neue Exynos aus dem Hause Samsung. In der Praxis dürften nur die wenigsten einen Unterschied ausmachen können. Denn ICS läuft ohne Murren, selbst nach mehr als einer Woche ohne Neustart, was bei der Konkurrenz nicht immer der Fall ist. App- oder Systemabstürze kamen in unserer Testzeit nicht vor. Hier und da mal ein kleines Ruckeln findet man aber auch bei LGs Flaggschiff in bestimmten Apps .
Insgesamt macht macht ICS mit LGs eigener Oberfläche einen durchaus ausgereiften Eindruck. Das Android 4.1 möglicherweise auf sich warten lässt, kann man leicht verschmerzen, denn die die Software Verbesserungen wie Project Butter oder der Kamera Software hier nicht wirklich nötig. Und die deutsche Version von Google Now ist so kastriert, dass sie keiner Vermissen wird. Dank der relativ moderaten Veränderungen der Oberfläche könnte ich mir aber vorstellen, dass ein Update dieses mal schneller von statten geht. Offizielle Äußerungen seitens LG gibt es dazu leider noch nicht.
Kamera und Display
Die 8 Megapixel Kamera Bieter deutlich mehr Einstellmöglichkeiten wie bei der Standard Android Kamera. Dadurch erinnert sie ein wenig an die Knipse von Samsung, wirkt aber auch nicht so elegant wie beim Original aus dem Hause Google. Praktisch ist die Time-Catch Aufnahme. Ist dieser Modus aktiviert, werden auch vor dem Auslösen Fotos aufgenommen. Das ist genau dann gut, wenn genau in dem Moment des Schnappschusses geblinselt wurde, oder andere Gesten das Bild gestört haben. Dann hüpft man einfach ein klein wenig in der Zeit zurück un sucht sich das “perfekte” Bild aus. Einzig einen Burstmode zum Erstellen schneller Fotoreihen, bei dem am Ende nur das beste Bild behalten wird, lässt die Software vermissen.
Bei der Bildqualität sticht vor allem hervor, dass die meisten Resultate extrem rauscharm sind, einigermaßen gutes Licht vorausgesetzt. Das lässt sich vermutlich nicht auf einen größeren Sensor zurückführen sondern deutet eher auf eine starke softwareseitige Optimierung hin. Denn was die Bilddetails angeht übertrifft es 5MP Kameras nur gering.
Farben und Kontraste wirken sehr natürlich, sowohl am Handy als auch am Monitor. Wie bei jeder Smartphone Kamera ist der Dynamikumfang der Bilder gering. Hier hilft bei unbewegten Szenen der HDR Modus nach.
Die 1080P Videos können mit hoher Bildschärfe und schnellem Autofokus überzeigen. Manchmal reagiert dieser aber einen Tick zu sensibel. Hin und wieder lassen sich minimale Ruckler beim Schwenken vermerken. Einen Eindruck bekommt ihr auf unserem Youtube Kanal.
Das 720p Display besticht vor allem mit seinen natürlichen Farben, sehr hoher Helligkeit, enormer Schärfe und guter Blickwinkel Stabilität. AMOLED Liebhaber werden aber die knallbunten Farben und das reine Schwarz vermissen. Auf den ersten Blick werden viele eher ein Galaxy Display bevorzugen, doch leidet LGs Display Technik dagegen nicht unter Helligkeitsverlusten bestimmter Subpixel, was schnell zu ‘Einbrennerscheingen’ führen kann. Und auch bei niedriger Displayhelligkeit überzeugt der Screen mit einem reinen Bild. Insgesamt reicht es aber nicht ganz an die Klasse des HTC One X Displays heran.
Telefonie und Ausdauer
In unserem Test viel die Sprachqualität weder besonders positiv noch negativ auf. Die Stimmen wirken relativ natürlich, Gesprächspartner konnten das auch von ihrer Seite bestätigen. Das zusätzliche Mikrofon zur Milderung von Hintergrundgeräuschen könnte manchmal etwas stärker eingesetzt werden.
Der Lautsprecher scheppert nicht, wie bei vielen Handys, dafür könnte er aber auch ein wenig lauter sein.
Bei einem 4.7 Zoll großen Display wird ein besonders großer Akku benötigt. Dieser ist minimal größer als etwa beim Samsung Galaxy SIII. Die Kombination von Display, SoC (System on a Chip) und enormer Akkukapazität sorgt aber am Ende nur für eine leicht überdurchschnittliche Betriebsdauer. Einen Tag wird man bei typischen Smartphonegebrauch mit einer kleinen Reserve überstehen. Über Nacht laden wird aber für die meisten Pflicht sein, es sei denn man braucht das Optimus zeitweise nur als normales Handy. Dann ist auf jeden Fall mehr drin, denn im Standby ist auch bei aktivierter Datenverbindung der Verbrauch gering.
Modding, Root und Custom ROMs?
Momentan genießt das Smartphone extrem wenig Aufmerksamkeit der Modding-Community. Rooten lässt sich das Handy bislang nicht. aher gibt es auch keine Custom ROMs oder ähnliches. Der erst kürzlich für das Gerät eingerichtete Bereich bei XDA wächst extrem langsam. Im wichtigen Unterbereich für Entwickler finden sich gerade mal 4 Threads, zum Vergleich: zum Testzeitpunkt waren es beim Galaxy S III bereits 71. Wer also unbedingt an der Software basteln möchte macht erst einmal einen Bogen um das Optimus 4X HD. Allerdings gibt es auch Momentan nicht viele Gründe, denn die Software ist ziemlich aktuell und bringt eigentlich alles mit was man braucht.
Fazit:
Wer ein grundsolides Highend Smartphone ohne nennenswerte Schwächen sucht, liegt beim LG Optimus 4x HD goldrichtig, zumal es ein ganzes Stück günstiger zu haben ist, als vergleichbare Produkte der Konkurrenz. Ganz besonders Multimedia Fans kann ich das Gerät wärmstens empfehlen. Hier ist es sogar etwas besser als das vielgelobte Galaxy S3, das auch schon in diesem Bereich Klasse ist. Auch die Erweiterbarkeit des Speichers, der austauschbare Akku und der normale Simkarten-Slot seien hier nochmal erwähnt, da das nicht mehr selbstverständliche Dinge sind bei aktuellen Smartphones.
Leider schafft es das Handy nicht, mit irgendeinem Feature besonders auf sich aufmerksam zu machen. Allenfalls die Tatsache, dass es nicht ‘jeder’ hat, und trotzdem alles kann, könnte den einen oder anderen zusätzlich zum Kauf motivieren.
Nicht empfehlen kann ich es nur den Hobby-Smartphone-Bastlern. Alle anderen erhalten sehr viel Smartphone für einen guten Preis in dieser Klasse.
Das Smartphone wurde uns freundlicherweise von getgoods.de zum Test zur Verfügung gestellt. Dort gibt es das LG Optimus 4X HD in den Farben Weiß und Schwarz.
LG Optimus 4X HD (schwarz)