Der Einschlaf-Talker Markus Lanz braucht sicher keine Fernsehempfehlung unsererseits – seine moderativen Stärken und Schwächen sollten hinlänglich bekannt sein. Das gute an solchen Formaten ist jedoch, dass sie gezwungen werden, aktuelle Themen aufzugreifen, die in den Medien durchs globale Dorf getrieben werden. Zur Zeit handelt es sich ja bekanntlich um das Thema Überwachung oder „Prism“, und da Der Spiegel in seiner wöchentlichen Titelgeschichte „Allein gegen Amerika“ den Kampf des Whistleblowser Edward Snowden aufgegriffen hatte, war es abzusehen, das auch seichtere Formate wie die Lanz-Talkshow das Thema auf ihre Art und Weise bearbeiten. Am Abend des 2. Juli 2013 war in der Sendung daher neben dem stellvertretendem ZDF-Chefredaketuer und Terrorismus-Experten Elmar Theveßen Netzaktivist der langjähriger WikiLeaks-Mitstreiter Daniel Domscheit-Berg zu Gast.
Prism, fest verbaute Akkus und co: neumodischer, amerikanischer Scheißdreck
Man mag über die geladenen Gäste denken was will oder deren Vorgehensweise wie im Falle Domscheit-Berg kritisieren, es ist aber immer ein besonderer Moment, wenn Otto-Normal-Zuschauern in kurzen, knappen Worten erklärt wird, dass ihr Smartphone ganz schnell als Abhör-Wanze umfunktioniert werden kann.
Die Dämonisierung, die dort erwünscht und betrieben wird, bedient in vielerlei Hinsicht eher die latente Technik-Feindlichkeit vieler älterer Mitbürger, die schon immer wussten, dass der „ganze neumodische, amerikanische Scheißdreck“ (Zitat eines alten Schulfreundes) am Ende nichts gutes bedeuten kann, als die tatsächliche Sorge um die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien – nichts desto trotz: so oft halten wir uns in TechBlog mit Marginalien auf und vergessen darüber manchmal, auch auf die Schattenseiten der schönen, neuen Technik-Welt hinzuweisen. Anstatt die Diskussion über wechselbare Akkus und GPS-Empfang auf ästhetische Aspekte zu reduzieren, sollten wir uns hin und wieder auch vor Augen führen, dass wir zumindest die moralische Auftrag haben, uns jenseits von Sommerloch-Diskussionen sensibel mit dem Thema auseinander zu setzen – Holzauge, sei wachsam!
Übrigens geriet die Lanz-Sendung zur mehr oder weniger ungenierten Wahlwerbesendung für die Opposition und speziell für die Piraten-Partei – schließlich wurde einem ureigenem Thema der Netzaktivisten für einen kurzen Moment der gebührende Platz eingeräumt, den das Thema bitter nötig hat. Das hat bei Lanz und co sicher keine politischen Hintergründe, sondern ist vielmehr dem Umstand geschuldet, dass wir einen der langweiligsten Wahljahre seit langem erleben – schließlich schafft es die Opposition (leider) nicht, der Kanzlerin und ihrer Regierungsmehrheit ernsthaft Konkurrenz zu machen. Das ist (Achtung, zynisches Fazit) nicht nur für die Demokratie schädlich, sondern auch für die Einschaltquote.
Prism bei Markus-Lanz