Samsung Wave 3 im Test – oder: Der koreanische Patient
Samsungs Bada-Serie ging bereits Ende letzten Jahres in die dritte Runde und brachte gleich eine komplett überarbeitete Software mit. Weil das Samsung Wave 3 momentan extrem günstig zu haben ist, nehmen wir das zum Anlass, ein Test des Gerätes nachzuholen. Zur Software haben wir bereits schon einige Artikel verfasst. Wer also mehr erfahren möchte, klickt sich an der entsprechenden Stelle zum Artikel.
Das Design des Samsung Wave 3
Das Samsung Wave 3 wurde größenmäßig aktuellen Smartphone-Standards angepasst. Durch das auf 4 Zoll angewachsene und in einem Aluminium-Gehäuse verpackte Display ist das Handy nun fast so groß wie ein Galaxy S2, jedoch nicht viel größer als ein Wave2, welches aber nur ein 3.7Zoll Display hatte. Trotz Metall ist es verhältnismäßig dünn und leicht und liegt sehr gut in der Hand. Eine Besonderheit des Designs ist es, dass man die Innereien des Handys herausziehen kann, um an den Akku, die Sim-Karte und die SD-Karte zu kommen. Bei diesem Schiebemechanismus könnte man befürchten, dass es größere Spaltmaße zwischen Display und Gehäuse geben muss, doch dem ist nicht so. Der Übergang fühlt sich sehr weich an, und erinnert fast ein wenig an das Nokia Lumia. Auch wenn hier das Metall und nicht das Display-Glas abgerundet ist, der Effekt ist ein ähnlicher.
Die Rückseite des Samsung Wave 3 besteht aus einer blanken Fläche gebürsteten Metalls, welche nur durch einen metallischen Samsung-Aufdruck an der Unterseite geziert wird. Für meinen Geschmack sieht das ein wenig zu leer aus, bei den Vorgängermodellen wirkte der vertikale Samsung-Aufdruck besser positioniert.
An Ober- und Unterseite befinden sich Plastikkappen, welche zur Rückseite hin größer werden. In dieser dadurch geschaffenen Fläche wurden der Lautsprecher und die Kamera verbaut. Bei den Vorgängern befand sich der Lautsprecher noch auf der Oberseite. Dadurch kam der Sound etwa beim Daddeln immer von Links und oft verdeckte man ihn dabei versehentlich. Allerdings hatte das den Vorteil, dass man den Klingelton in der Hosentasche lauter wahrnahm, da der Lautsprecher nicht direkt verdeckt wurde.
Auf der Unterseite befindet sich nun wie beim Galaxy S2 der Micro-USB-Port, welcher auch hier im Gegensatz zu den Wave-Vorgänger nicht durch eine Schiebekappe verdeckt wird. Meiner Meinug nach ist das auch nicht notwendig, da der Anschluss schön tief im Gehäuse liegt.
Leider verzichtet Samsung nun wie bei ihren Galaxys auf eine Kamerataste. Gerade für das Fokussieren finde ich diese eigentlich immer sehr praktisch. Schade!
Insgesamt hat Samsung dennoch gute Arbeit geleistet. Anderen günstigen Smartphones merkt man ihren Preis deutlich an, mit dem Samsung Wave 3 hält man allerdings ein sehr wertiges Gerät in den Händen.
Die Hardware
Mit einem auf 1.4GHz getakteten Snapdragon der zweiten Generation verbaut Samsung den selben Prozessor wie Nokia in ihren Lumias, HTC im Titan oder Samsung selbst im Galaxy S Plus und Galaxy W. Bis auf das Galaxy W befinden sich also alle in einer höheren Preisklasse, man bekommt hier also viel fürs Geld. Einzig der GPU wird nachgesagt, schwächer zu sein als in den Vorgängern. Da das Smartphone ohnehin die Spielergemeinde eher weniger anspricht, ist das zu verschmerzen.
Das Display entspricht dem des Galaxy S und des Omnia 7. Farben und Kontraste nehmen bei flacheren Blickwinkeln kaum ab. Die Standardauflösung von 480×800 Pixeln reicht auch bei 4Zoll aus. Bei Schriften, etwa bei Internet-Texten, haben aber normale LCD Displays die Nase vorn. Denn die Pentile Matrix (benachbarte Pixel teilen sich einen grünen Subpixel) sorgt dafür, dass gerade Linien etwas gepünktelt wirken. Der Effekt ist aber so klein, dass er nur die wenigsten stören dürfte.
Das integrierte GPS-Modul wurde deutlich verbessert, denn einen so genannten Sat-Fix bekommt das Handy unter freiem Himmel meist in nur wenigen Sekunden. Da hat man nun deutliche Schritte nach vorne gemacht, auch wenn man noch nicht ganz an die Konkurrenz herankommt (z.B. HTC Radar).
Der auf der Rückseite verbaute Lautsprecher gibt auch einen überdurchschnittlich guten Sound von sich. Er ist schön laut, nicht ganz so blechern wie bei vielen anderen Handys, aber bei maximaler Lautstärke nicht ganz so sauber wie beispielsweise beim Omnia 7.
Der Akku ist identisch mit denen von Wave1, Wave2, Omnia7 und Galaxy 3. Die 1500 mAh sind aber für ein neues 4Zoll Smartphone ein wenig klein. Die Akkuleistung im aktiven Einsatz (Surfen, Internet, Telefonie) entspricht in etwa der von ähnlich ausgestatteten Android-Handys. Im Standby schwanken die Ergebnisse enorm, dazu später mehr im Software-Abschnitt.
Die Kamera entspricht genau der Vorgängerversion, die Unterschiede sind wenn dann so klein, dass man sie mit der Lupe suchen müsste. Die Auslöseverzögerung ist für ein Handy dieser Preisklasse in Ordnung, aber nach 1.5 Jahren hätte man sich da Fortschritte gewünscht. Die Bildqualität ist 5MP-Durchschnitt, etwa auf dem Niveau des Galaxy S oder Galaxy Nexus. Die 720p Videos laufen flüssig und sind scharf und kontrastreich. Allerdings fällt auf, dass die neue Kamera-App nicht mehr die Möglichkeit bietet, laufende Aufnahmen zu pausieren. Schade!
Bada 2.0
Wir haben Bada 2.0 einen Extra-Artikel gewidmet, um die Stärken der Software hervorzuheben. Dazu zählte ein klasse Video-Player, ein ordentlich Musik-Player, die anpassbare Oberfläche, welche App-Ordner und Widgets erlaubt, einen Dateimanager, welchen man etwa bei Windows Phone und iOS vermisst, und ein Massenspeichermodus, um bequem Dateien mit jedem PC austauschen zu können.
Darüber hinaus stattet Samsung das Handy, ähnlich wie bei Android, mit zahlreichen Apps aus. Dazu gehört eine Office App, ein UKW-Radio, eine Sprachsteuerung, eine Memo App, diverse Chat-Programme (WL, Yahoo, Google Talk, ChatOn), eine Karten-App mit kostenpflichtiger Navigation, einen DLNA-Klienten, und einen Kalender. Letzterer synchronisiert auch den Geburtstagskalender von Facebook, ermöglicht aber nicht die Synchronisation mehrerer Google-Kalender.
Die Sozialen Netzwerke Facebook und Twitter können auch mit dem Telefonbuch verknüpft werden. Das ist in erster Linie praktisch um seinen Telefonnummern Bilder zuzuordnen. Viel mehr gibt das Ganze aber nicht her, denn Chatten oder Nachrichten austauschen ist von hier aus nicht möglich. Dafür gibt es den SocialHub, wo alle Nachhrichteneingänge verknüpft werden. Die sozialen Netzwerke bieten aber immer noch keine Push-Synchronisation, obwohl das bereits vor zwei Jahren beworben wurde.
Und nicht nur hier hat Samsung den Rotstrich angesetzt, denn eine Musikerkennung sucht man vergebens, Alternativen im Appstore gibt es hierzu nicht. Auch die Bild- und Videobearbeitung wurde wegrationalisiert. Neu hingegen sind die animierten Hintergründe (welche das System ins Ruckeln bringen), und die Möglichkeit durch ein Theme den Lock-Screen auszutauschen. Die Auswahl lässt aber im Moment noch zu wünschen übrig.
Badas Achillesferse
Das Größte Problem Badas ist noch immer der Appstore. SamsungApps wächst nach knapp zwei Jahren noch immer extrem langsam. Der größte Teil der Zuwächse wird durch Themes erzielt, welche mit einer von Samsung bereitgestellten PC-Software ganz einfach erstellt werden können. Das bedeutet, dass der Appstore regelrecht davon geflutet wird. Mittlerweile werden die Themes aber nicht mehr in der Kategorie „Neu“ angezeigt. Dadurch wird aber auch deutlich, dass gerade mal eine Handvoll Apps in der Woche veröffentlicht werden. Für den Kunden führt das zu der Situation, dass es beliebte Apps, die überall anders zur Grundausstattung gehören, nicht gibt und vermutlich niemals geben werden. Beliebtestes Beispiel dafür ist der Push-Messenger Whatsapp. Samsung stellt zwar mit Ch@tOn eine Alternative bereit, die aber nur eine geringe Nutzerschafft hat und den Meisten also nichts bringt. Es gibt bis heute auch keinen einzigen anderen Push-Messenger im Appstore, was auf anderen Systemen undenkbar wäre. Selbst die vor kurzem veröffentlichte ICQ-Version befindet sich noch auf dem Stand von 2009. Die Apps für die immer wichtiger werdenden Sozialen Netzwerke sind auch verhältnismäßig schlecht und langsam. Aber mittlerweile werden hier die Grundfunktionen abgedeckt.
Bei Spielen bietet SamsungApps etwas mehr. So gibt es einige Gameloft-Spiele aus dem Jahr 2010, EA bietet auch ein paar Spiele an, und Rovio hat zumindest den ersten Teil umgesetzt. Gamelofts neuster Teil von Asphalt wird sogar gratis angeboten. Wir haben uns das Spiel mal genauer angeschaut, und festgestellt, dass es schlechter umgesetzt ist als für Android. Auch andere von mir getesteten Spiele wie Sims3 und Shrek Kart Racing ruckelten deutlich. Da geben sich die Entwickler nicht sonderlich viel Mühe, obwohl es mit lediglich zwei verschiedenen SoCs wesentlich weniger verschiedene Hardware-Konfigurationen gibt, die bei der Bada-Entwicklung solcher Spiele zu berücksichtigen sind. Von kleineren Herstellern findet man auch ein paar gute Spiele, allerdings ist man da bei Windows Phone7 wesentlich besser bedient, da die Spielemeist von höherer deutlich Qualität sind.
Insgesamt ist der Bada-Appstore mit Abstand der schlechteste der aktuellen Betriebssysteme, und in absehbarer Zeit wird sich daran vermutlich nicht viel ändern. Dafür steht Samsung nicht engagiert genug hinter Bada.
Bada 2.0 = Beta 2.0?
Nach knapp zwei Jahren ist es Samsung noch immer nicht gelungen eine relativ fehlerfreie Software zu programmieren. Mir ist klar, dass nicht alle Waves von der gleichen Anzahl an Fehlern geplagt werden, aber das sollte zumindest in einem ausführlichen Test erwähnt werden. Die gravierendsten Bugs hatten bei mir mit dem Internet zu tun. So kommt es bei mir ständig vor, dass die Verbindung zu Internet verloren geht, sobald das Handy nicht mehr benutzt wird. Möchte man es dann wieder benutzen, wird beim ersten Internetzugriff ein Verbindungsfehler ausgespuckt. Erst durch das De- und Reaktivieren des WLANs ist eine Verbindung möglich. Eine oft auftretender Fehler ist auch der, dass Apps immer nur zum teil runtergeladen werden, und dann eine Fehlermeldung ausgespuckt wird. Dann heißt es löschen und nochmal probieren. Auch die Pushsynchronisation von Mails war bei mir fehlerhaft. So kam es vor, dass die mails erst durch manuelles Anstoßen der Abfrage geladen wurden. Manchmal musste gar das ganze Konto gelöscht werden und neu eingerichtet werden, was gar nicht so einfach ist, da Bada 2.0 im Gegensatz zu Android 4 und Windows Phone 7 nicht erkennt, dass googlemail ein Exchange-Konto ist, weshalb die Daten als solche manuell eingetragen werden müssen.
Das neue Multitasking-System ist von Samsung sehr gut gemeint aber in der Praxis macht es viel zu viele Probleme als das es nützt. Im Prinzip ist es recht einfach: mit der Auflegen-Taste wird eine App beendet, mit der Menü-Taste läuft sie im Hintergrund weiter. Von Android bin ich gewöhnt Apps nie zu beenden, denn man weiß ja nicht ob man sie gleich wieder braucht. Wenn sie dann noch im Speicher ist, spart man sich eben Ladezeiten. Bei Bada muss man alles selbst entscheiden, beende ich den Browser oder lasse ich die Seiten erst mal offen und lese später weiter? Wenn man ihn nicht beendet, läuft das System möglicherweise unrund. Macht man das bei mehreren Apps, dann kommt das Handy schnell ins stocken. Allein schon der Appstore verschlechtert die Performence des Handys. Auch sollte man wirklich schauen, dass alle Apps zu sind, bevor man das Handy in die Tasche steckt, sonst leert sich der Akku. Einen der mitgelieferten Messenger im Hintergrund laufen zu lassen, sollte man vermeiden, wenn man den Akku nicht innerhalb weniger Stunden leeren möchte.
Fazit
Das Wave 3 ist ein solides und gut ausgestattetes Smartphone, welches vor allem den kleineren Geldbeutel ansprechen soll. Nur wer ein vollwertiges Smartphone erwartet wird enttäuscht, denn dafür müssen zu viele Kompromisse eingegangen werden. Zwar bietet das Handy einige üppige Grundausstattung, wer diese aber mit nützlichen Apps und Unterhaltungs-Programmen ausstatten möchte, kommt mit SamsungApps schnell an seine Grenzen. Auch ist das System noch lange nicht ausgereift und bisweilen eher unzuverlässig. Wer allerdings ein sehr gut ausgestattetes Handy und nicht ein Top-Smartphone erwartet, wird sicher seine Freude daran finden. Gefällt euch das Wave 3 dann lohnt sich ein Blick auf getgoods.de, welche das Handy sehr günstig anbieten. Vielen Dank an dieser Stelle für das Bereitstellen des Test-Geräts.
Alternativen
Alternativen in diesem Preisbereich gibt es nicht viele, aber es gibt sie:
- Das Jil Sander Windows Phone ist mit dem selben Prozessor ausgestattet nur taktet dieser mit 1000MHz. Dafür bekommt man 16GB Speicher, welche allerdings nicht erweiterbar sind. Gerade für Einsteiger ist es ein Klasse Smartphone, da Windows Phone einfach zu erlernen ist, immer gut läuft und Zuagang zu immerhin 70.000Apps bietet. Außerdem kann man hier in Zukunft zahlreiche Apps erwarten. Das Jil Sander Handy ist dabei noch ein wenig günstiger zu haben. Momentan findet man es in den großen Elektronikmärkten für 199€
2. Das HTC Evo 3d ist ein voll ausgestattetes Dual Core Handy mit 3d-Kamera und Display. Es läuft mit Android Gingerbread, demnächst soll aber ein Update auf Android 4 kommen. Das Smartphone ist manchmal deutlich unter 300€ zu haben, es lohnt sich also danach Ausschau zu halten.
- Mit dem Galaxy W bietet Samsung selbst eine preiswerte Android-Alternative an. Das TouchWiz-4 Smartphone hat den gleichen Prozessor wie das Wave3, ein 3.7Zoll Display und der Speicher ist über eine SD-Karte erweiterbar. Preislich befindet man sich in etwa auf einem Level, man muss aber Abstriche beim Gehäuse (Plastik) und beim Display (SLCD) eingehen. Dafür hat man mit Androd das viel ausgereiftere und erweiterbare System
- Wer unbedingt in den Genuss von Android 4 kommen will, kann sich mal bei den 2011 erschienen Xperia Handys von Sony umschauen. Diese gibt es in den verschiedensten Variationen im Preisbereich zwischen 140 und 320€. Updates auf Android 4 folgen in den nächsten Wochen.
Samsung Wave III