Ich bin kein Audiophiler. Und wenn mir jemand „Lifestyle-Kopfhörer mit ANC, RGB und Dual-Treibern“ empfiehlt, denke ich zuerst an: Marketing-Gulasch. Nicht Alltagstauglichkeit.
Der Grund, warum ich diesen Kiwi Ears Aventus Test schreibe, ist nicht, dass ich auf einmal auf Klangkurven stehe – sondern weil ich das Ding seit vier Wochen fast täglich nutze. Und das, obwohl ich ihn beim Auspacken eigentlich direkt wieder verfluchen wollte.
Der Aventus roch wie eine frisch versiegelte PVC-Fabrik. Kein Scherz. Ich hab ihn drei Tage auf dem Balkon auslüften lassen – und gedanklich schon abgeschrieben. Aber dann hab ich ihn über meinen Sound BlasterX G6 an den PC angeschlossen. Und plötzlich klang da was. Druckvoll. Warm. Breiter als gedacht. Und ja, diese leuchtenden RGB-Ringe, die ich eigentlich hassen wollte? Die gefällt mir immer noch nicht – was hast Du gedacht, dass ich jetzt schreibe?
Mein DT 770 PRO (32 Ohm) schaut mich seitdem etwas beleidigt an.
Ob der Aventus nur überrascht – oder ob er sich am PC auch als echte Alternative bewährt, klär ich in diesem Test.
Für diesen Kiwi Ears Aventus Test wurde mir der Kopfhörer vom Hersteller kostenfrei zur Verfügung gestellt – ohne Bedingungen, ohne Skript, ohne Einflussnahme. Ich habe das Teil vier Wochen lang im Alltag genutzt, am PC getragen, gehasst, geliebt, ausgelüftet und gegen meinen DT 770 antreten lassen. Was ich schreibe, basiert auf ehrlicher Nutzung – nicht auf einer PR-Vorgabe.
🧱 Design & Verarbeitung

„Nicht nur der Geruch war intensiv…“
Nicht nur der Geruch war intensiv – auch das Design schreit: Hallo, ich bin Lifestyle. Der Kiwi Ears Aventus sieht aus wie ein Gamer-Headset, das auf TikTok gemocht werden will. Große Ohrmuscheln, markante RGB-Ringe, klar definierte Linien. Kein Understatement, aber auch kein völliger Clown.
Das Gehäuse besteht überwiegend aus Kunststoff, fühlt sich aber solide an. Keine knarzenden Scharniere, kein Wackeln. Die Gelenke haben einen definierten Widerstand, die Ohrmuscheln lassen sich flach drehen – gut für unterwegs oder wenn du ihn um den Hals hängen lässt, wie ein Pro-Gamer auf Twitch.
Die Polster sind angenehm dick, sowohl an den Ohren als auch am Bügel. Memory-Foam mit Kunstleder, kein Premium-Gefühl, aber bequem – auch nach Stunden. Ich hab ihn mehrere Tage am Stück getragen, meist 6–8 Stunden: kein Hitzestau, kein Drücken, kein Gejammer.
Die RGB-Beleuchtung kannst du über den Button an der Ohrmuschel durchschalten oder einfach deaktivieren. Ich hab sie nach 30 Minuten ausgemacht – weil ich keine LAN-Party bin.
Der einzige wirkliche Minuspunkt in der Verarbeitung: Die Tasten sind klein, unbeleuchtet und fühlen sich nach Plastikspielzeug an. Aber: Sie funktionieren zuverlässig, und du brauchst sie im Kabelbetrieb sowieso nicht.
Letzte Aktualisierung am 9.06.2025 um 08:42 Uhr / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
⚙️ Technik & Features

„Was steckt drin – und was davon taugt wirklich?“
Auf dem Papier sieht der Kiwi Ears Aventus aus wie eine Black-Friday-Bombe: Dual-Treiber (40 mm + 10 mm), Hybrid-ANC mit 5 Mikrofonen, Bluetooth 5.4, bis zu 82 Stunden Akkulaufzeit, RGB-Beleuchtung, USB-C, Klinke, Schnellladefunktion. Klingt nach „Können wir alles – machen wir alles“. Und erstaunlich viel davon funktioniert tatsächlich.
Die Dual-Treiber-Konstruktion ist das spannendste Merkmal. Du hast hier keinen klassischen Single-Dynamiktreiber, sondern zwei Einheiten, die sich den Klangbereich aufteilen. Der 10-mm-Coaxialtreiber kümmert sich um die feineren Frequenzen, während der große 40-mm-Treiber für Fundament sorgt. Klingt erstmal wie Marketing – macht im Alltag aber einen Unterschied: Der Bass hat Punch, aber die Mitten matschen nicht weg. Dazu später mehr.
Das Hybrid-ANC-System nutzt Mikrofone innen und außen, um Umgebungslärm rauszufiltern. Es blockt keinen Flugzeuglärm weg, aber Lüfter, Tastaturgeklacker und der Kühlschrank sind plötzlich weit weg. Wer’s richtig still mag, bekommt hier ein spürbares Plus an Ruhe – ohne dass der Sound komplett verhunzt wird.
Bluetooth 5.4? Klingt fancy, bringt aber im Alltag keinen hörbaren Vorteil gegenüber 5.2 oder 5.3. Wichtig ist: Die Verbindung ist stabil, Reichweite gut, keine Aussetzer. Codecs sind leider nur SBC und AAC, also kein aptX oder LDAC – schade, aber in dieser Preisklasse leider Standard.
Akkulaufzeit: Ich hab das Ding in vier Wochen vielleicht dreimal geladen. 82 Stunden mit RGB aus sind realistisch. Selbst mit ANC kommst du locker über zwei, drei Arbeitstage. Die Schnellladung bringt dich in knapp 10 Minuten wieder auf Stundenlevel – perfekt, wenn du den Kopfhörer mal wieder ungeplant leer gehört hast.
RGB ist… naja. Da. Du kannst zwischen Effekten durchschalten oder einfach ausschalten. Ich hab’s gemacht. Sieht in dunklen Zoom-Calls bescheuert aus.
Und ja: Du kannst ihn über USB-C oder Klinke auch ohne Akku betreiben. Besonders am DAC wie dem Sound BlasterX G6 klingt das noch mal knackiger.
🔊 Klangqualität im Alltag

„Wärmer als neutral, klarer als gedacht – Alltagssound mit Punch.“
Der Kiwi Ears Aventus macht klanglich das Gegenteil von dem, was sein Design verspricht:
Keine übertriebene Basskeule, keine schrillen Höhen und definitiv keine billige Soundabstimmung für TikTok-Tänze. Stattdessen bekommst du ein überraschend erwachsenes Klangbild – warm, ausgewogen, aber mit genügend Druck, damit Spotify-Playlisten nicht nach Großraumbüro klingen.
Im unteren Bereich setzt der Aventus klar auf Bassbetonung. Der Tieftonbereich ist kräftig, aber sauber definiert. Elektronische Tracks, Rap oder Synthpop bekommen Punch, ohne zu wummern. Du spürst Kickdrums und Synth-Bässe klar im Brustkorb – nicht audiophil neutral, aber auch kein dumpfer „Bass Boost“-Schalter.
Die Mitten, oft das Problem bei Kopfhörern mit betontem Bass, bleiben gut differenziert. Stimmen und Podcasts wirken angenehm präsent und natürlich. Männerstimmen haben Volumen, Frauenstimmen behalten Klarheit. Akustikgitarren oder Piano klingen sauber und verständlich, nicht wie hinter einem Vorhang.
Die Höhenwiedergabe des kleinen 10-mm-Koaxialtreibers sorgt für das nötige Extra an Luft. Höhen sind klar, aber sanft. Nie schrill, nie zischelnd – angenehm für längere Sessions. Details sind gut hörbar, auch wenn du nicht jeden Millimeter einer Geigensaite nachvollziehen kannst. Willst du wahrscheinlich auch nicht.
Besonders gelungen ist die Räumlichkeit: Die Klangbühne wirkt offen und breiter als ich es für so einen Kopfhörer erwartet hätte. Instrumente haben genügend Raum, selbst komplexere Produktionen wirken aufgeräumt und differenziert.
Bei YouTube, Netflix und Podcasts ist der Aventus grundsolide. Keine dumpfe Sprachwiedergabe, klare Dialoge, auch schlechte Tonspuren bleiben verständlich. Über Kabel am Sound BlasterX G6 DAC klingt alles noch mal definierter und räumlicher – wer kann, sollte diesen Modus bevorzugen.
Einziger Wermutstropfen: Durch die fehlenden High-End-Codecs wie aptX oder LDAC bleibt der Aventus im Bluetooth-Betrieb minimal hinter seinem Potenzial zurück. Klingt trotzdem gut – aber am Kabel besser.
🎮 Gaming-Tauglichkeit

„Bluetooth fürs Gaming? Gute Idee, klappt aber (noch) nicht.“
Der Kiwi Ears Aventus ist kein typisches Gaming-Headset. Kein Mikrofonbügel, kein 7.1-Surround-Gimmick und auch keine übertriebenen Gaming-Logos. Aber genau deshalb hab ich ihn getestet – und zwar ausführlich mit Doom Eternal, Silent Hill 2 Remake, Hellblade II und F1 2025.
Das größte Hindernis zuerst: Bluetooth-Latenz. Egal ob AAC oder SBC, Bluetooth-Kopfhörer kämpfen grundsätzlich mit hörbaren Verzögerungen im zweistelligen Millisekundenbereich. Bluetooth 5.4 reduziert diese Verzögerung zwar leicht, bleibt aber immer noch bei etwa 20 bis 40 Millisekunden hängen. Für Musik oder Netflix kaum merkbar, aber bei schnellen Spielen wie Doom oder F1 2025 reicht diese minimale Verzögerung, um irritierend zu sein.
Doom The Dark Ages funktioniert daher nur richtig gut mit Kabelbetrieb. Die Action ist blitzschnell, und Soundeffekte wie Schüsse, Explosionen oder Monster-Sounds kommen punktgenau. Mit Kabel gibt’s keine Verzögerung – genau so, wie man’s braucht. Über Bluetooth wirkt alles leicht verzögert und damit weniger präzise.
Bei atmosphärischen Games wie dem Silent Hill 2 Remake oder Hellblade II ist die gute räumliche Darstellung des Aventus ein großer Pluspunkt. Gerade bei den subtilen, immersiven Soundkulissen dieser Spiele trägt der Kopfhörer maßgeblich zur Atmosphäre bei – aber auch hier eben nur per Kabel. Bluetooth verzögert auch hier minimal den Ton zum Bild und macht damit einen Teil der Immersion zunichte.
Im Rennspiel F1 2025 entscheidet der Ton oft über Sekundenbruchteile: Wann rutsche ich weg, wann schalte ich hoch, was sagt mir der Boxenfunk genau jetzt? Per Kabel liefert der Aventus hier eine klare, präzise Audiowiedergabe. Mit Bluetooth kommt eine Verzögerung hinzu, die für entspannte Fahrten okay sein mag, aber in ernsthaften Rennen spürbar störend wirkt.
Kurz gesagt: Wer ernsthaft spielt, bleibt bei Kabel oder nutzt Headsets mit 2.4 GHz-Dongle. Bluetooth im Aventus reicht für Spotify oder YouTube – fürs Zocken aber definitiv nicht.
Ein integriertes Mikrofon gibt es übrigens nicht. Für Online-Gaming und Voicechat musst du ein externes Mikrofon nutzen, was den Aventus eher zur Ergänzung eines bestehenden Setups macht als zu einer All-in-one-Lösung.
🎧 Vergleich mit dem Beyerdynamic DT 770 PRO (32 Ω)
„Analytische Studiokühle gegen warmen Alltagskomfort – beide machen Sinn.“

Der Kiwi Ears Aventus hat sich vier Wochen lang hartnäckig an meinem PC gehalten – und das sagt schon viel. Mein langjähriger Alltagsbegleiter, der Beyerdynamic DT 770 PRO (32 Ω), liegt seitdem öfter daneben, als ich es je erwartet hätte. Aber machen wir uns nichts vor: Beide Kopfhörer verfolgen völlig unterschiedliche Philosophien.
Beim Klang wird der Unterschied sofort deutlich. Der DT 770 PRO liefert seit Jahren eine neutrale, analytische, und offen klingende Abstimmung, die sich besonders in komplexen Songs bewährt. Gerade bei basslastigen Tracks – etwa Massive Attack oder Bonobo – wirkt der DT 770 zunächst zurückhaltender, aber auch feiner. Er lässt deutlich mehr Luft zwischen den Instrumenten, Details bleiben hörbar, die Bühne ist breit und klar.
Der Aventus dagegen präsentiert sich wärmer, kompakter, und auf den ersten Höreindruck druckvoller. Er klingt angenehm bassbetont, ohne zu wummern, und gibt besonders Musik und Games eine spürbare Körperlichkeit. Das macht Spaß, ist aber nicht so fein differenziert wie beim DT 770. Während beim DT einzelne Instrumente und Soundeffekte sauber im Raum stehen, fügt der Aventus alles zu einem warmen, intensiven Gesamtbild zusammen. Geschmackssache – aber definitiv ein Unterschied.
In Sachen Tragekomfort schlägt sich der Aventus erstaunlich gut. Seine dick gepolsterten Ohrmuscheln und der gepolsterte Kopfbügel sitzen fest und dichten gut ab – ideal fürs konzentrierte Arbeiten und Zocken. Allerdings wird’s auch schneller warm, verglichen mit den luftigen Velours-Polstern des DT 770 PRO. Der Beyer sitzt leichter und atmungsaktiver, fühlt sich insgesamt weniger spürbar an, ist aber auch etwas lockerer auf dem Kopf. Wer gern mal im Stuhl zurücklehnt, wird den festen Sitz des Aventus schätzen. Wer lange Studio- oder Editing-Sessions hat, bleibt wahrscheinlich beim DT 770.

Beim Thema Ausstattung und Flexibilität liegt der Aventus meilenweit vorn: ANC, Bluetooth 5.4, RGB-Beleuchtung, Akku für bis zu 80 Stunden Laufzeit (durch mehrere Reviews auch bestätigt, allerdings musst du dazu allen Firlefanz ausschalten) und ein zusammenfaltbares Design. Alles Dinge, die dem klassischen DT 770 PRO komplett fehlen. Der Beyer ist puristisch, robust, auf lange Lebensdauer gebaut – aber eben auch absolut kabelgebunden und ohne jegliche Zusatzfunktion. Für mobile Nutzung oder spontane Telefonate ist der Aventus die klar bessere Wahl, auch wenn das integrierte Bluetooth-Mikro nur fürs Nötigste reicht. Ein professionelles Mikrofon brauchen beide Modelle zusätzlich.
Im Gaming-Bereich liefert der DT 770 PRO präzise Ortung, minimale Latenz und exakte Klangreproduktion – ideal für kompetitives Gaming. Der Aventus schlägt sich ebenfalls überraschend gut, allerdings nur mit Kabel. Bluetooth verursacht hörbare Verzögerungen, die dich im entscheidenden Moment stören können. Für atmosphärische Games wie Silent Hill 2 oder Hellblade II ist der Aventus dank seines intensiven Klangprofils jedoch eine sehr gute Wahl.
Preislich liegen beide Kopfhörer nah beieinander, aber mit unterschiedlichen Zielgruppen. Der DT 770 PRO kostet typischerweise um die 120–140 Euro und ist dabei ein bewährter Klassiker für alle, die Wert auf Klangneutralität und analytische Präzision legen. Der Kiwi Ears Aventus ist mit etwa 100 Euro günstiger und bietet deutlich mehr Alltagsnutzen, vor allem durch Bluetooth, ANC und die Mobilität.
Kurz zusammengefasst: Wer neutrale Präzision sucht, bleibt beim DT 770 PRO. Wer warmen Komfort, Mobilität und jede Menge Zusatzfeatures bevorzugt, findet im Aventus einen äußerst überzeugenden Allrounder. Beide haben ihren Platz, aber am Ende hängt’s eben davon ab, was genau du von einem Kopfhörer erwartest.
🎯 Fazit

„Ich wollte ihn nicht mögen – und jetzt nutze ich ihn täglich.“
Ganz ehrlich: Als ich den Kiwi Ears Aventus zum ersten Mal ausgepackt habe, war ich alles andere als begeistert. Der beißende Neugeruch, die auffälligen RGB-Ringe, das ganze „Lifestyle-Headset mit ANC“-Gehabe – ich wollte ihn direkt abschreiben.
Vier Wochen später muss ich zugeben: Ich lag falsch. Dieser Kiwi Ears Aventus Test hat mich überrascht. Klanglich liefert er deutlich mehr, als man bei dem Preis erwarten dürfte. Die Dual-Treiber sorgen für einen warmen, druckvollen und angenehm räumlichen Klang, der sich gerade bei Musik, Videos und atmosphärischen Games bestens schlägt. Für kompetitives Gaming ist Bluetooth aufgrund der unvermeidbaren Latenz zwar ungeeignet, aber mit Kabel liefert er eine blitzsaubere Performance.
Was den Aventus zudem so überzeugend macht, sind seine Alltagstauglichkeit und Vielseitigkeit: ANC gegen Lüfter- und Verkehrslärm, Bluetooth für Bewegungsfreiheit, eine Akkulaufzeit, die gefühlt ewig hält, und eine überraschend gute Verarbeitung. Klar, audiophile Nutzer oder professionelle Anwender greifen weiterhin zum bewährten DT 770 PRO, aber alle anderen bekommen mit dem Aventus ein unerwartet starkes Gesamtpaket.
Ja, er riecht erstmal seltsam. Und ja, RGB braucht keiner. Aber wenn du ihn erstmal auf dem Kopf hast, merkst du schnell, warum mein Beyerdynamic seit Wochen beleidigt danebenliegt. Denn der Aventus ist einfach ein sehr ordentlicher Kopfhörer für den realen Alltag – und nicht nur für schöne Marketingversprechen.