Dass ein Leben jenseits der Fritzbox möglich ist, wusste ich. Dass der Asus RT-AC86U in vielen Bereichen den Platzhirschen z. T. um Längen überlegen ist, steht für mich spätestens nach diesem Test fest.
Zudem dürfte es sich beim AC2900-Modell von Asus um den wahrscheinlich derzeit schnellsten VPN-Router für den Heimanwender halten, der nicht nur einen Ticken günstiger ist als die aktuellen AVM-Geräte, sondern per Update darüber hinaus nun über eine gelungene Mesh-Funktion verfügt.
Für wen kommt dieser Router genau infrage? Welchen Einsatzzweck hatte ich im Vorfeld definiert? In Ermangelung schnellerer Alternativen (an meinen Wohnort), bin ich auf die Dienste von Unitymedia „angewiesen“. Der Businessanschluss funktioniert auch mehr als zuverlässig, Ausfälle (bislang zwei in knapp 1,5 Jahren) werden fix beseitigt, Down- und Uploadgeschwindigkeiten stehen wirklich 24/7 zur Verfügung.
Hinweis: Der Beitrag wurde (Februar 2018) geschrieben, als für die Fritzboxen noch eine veraltete 6.X-Firmware erhältlich war. Inzwischen (Januar 2020) werkelt immerhin Version 7.10 auf der Fritzbox 6490 – die aktuellste Version für Geräte ohne Branding ist FRITZ!OS 7.12.
Ich schreibe leider, denn Unitymedia liefert die Fritzbox 6490 mit einer kastrierten, ultralahmen und veralteten FritzOS aus. Neuere Features von AVM wie WLAN-Mash stehen für die Kabelmodelle eh noch nicht zur Verfügung, der Wegfall des Routerzwangs bringt mir also nicht all die Vorteile, die gewöhnliche DSL-Kunden mit etwa einer Fritzbox 7590 haben.
Ich nutze die Fritzbox 6490 nun nur noch als Modem und Telefonanlage, der AC86U kommt über den Bridge-Modus (funktioniert soweit ich weiß aber nicht bei den gewöhnlichen Unitymedia-Tarifen) der Fritzbox zum Einsatz und regelt bei mir das gesamte Netzwerk.
Welche Technik und Ausstattung bekomme ich?
Gerade bei Routern greifen die Hersteller tief in die Marketing-Trick-Kiste: wenn man durch den örtlichen Elektronik-Markt läuft und sich die vielen bunten Verkaufschilder, Packungen und Modelle anschaut, die einem 50er Jahre-B-Movie entsprungen sein könnten, fühlt man sich unweigerlich in eine “Höher, Schneller, Weiter”-Logik hineingepresst:
Dieses Modell kostet 10 Euro mehr, hat aber 300 Mbps mehr zu bieten, jenes hat vier Antennen anstatt drei, das drüben an der Ecke, hat noch zusätzlich den brandneuen WLAN-Standard integriert.
Gar nicht so einfach, sich für den richtigen Router zu entscheiden. Meine Wahl fiel auf den AC86U, er liegt preislich und ausstattungstechnisch in mittleren, oberpreisigen Segment. “Von den teuren, der billigste”, hätte meine Oma gesagt.
Und da hätten wir es schon bei den rein äußerlichen Merkmalen: es sind nur drei Antennen sichtbar, eine vierte hat Asus intern verbaut. Das ist in Zeiten, in denen das ROG Rapture GT-AC5300 mit acht Stück prahlt schon fast eine Art Understatement.
Auch hält man sich mit dem Raumschiffdesign einigermaßen zurück. Hübsch und wohnzimmertauglich ist der AC86U dennoch nicht geworden. Ich musste meinen gesamten Charme einsetzen um die Dame des Hauses zu überzeugen, den Asus-Router im Wohnzimmer einsetzen zu dürfen. Google Wifi sieht halt doch um einiges dezenter aus.
Immerhin übertreibt man es nicht allzu sehr mit dem üblichen Farb-und Design-Overkill, so dass die roten Racing-Streifen, oder was auch immer mit den farblich abgesetzten Schlitzen angedeutet werden soll, gerade noch so durchgehen. Puh, Glück gehabt. Konzentrieren wir uns lieber auf die inneren Werte, sprich die technische Ausstattung, an der ich wirklich nichts zu meckern habe:
- WLAN: Dual band AC2900 802.11a/g/ac/n MU-MIMO (N750, AC2167)
- Prozessor: ARM dual-core @ 1.8GHz
- Arbeitsspeicher: 512MB RAM
- Speicher: 256MB NAND flash
- Ports: 1x Gigabit WAN, 4x Gigabit Ethernet LAN, 1x USB 3.0, 1x USB 2.0
- Maße: 220 x 160 x 83.3 mm
Für FritzBox-Umsteiger sicher interessant: die benötigte Stellfläche ist in etwa gleich, ihr braucht aber nach oben und hinten mehr Platz, da der Router hochkant steht. Die beiden USB-Anschlüsse, die Tasten für das Ein- und Ausschalten, für WLAN sowie für die LED-Beleuchtung befinden sich alle auf der Rückseite, so dass die Front aufgeräumt bleibt. Bringt ihr den AC86U in den “stealth mode” (Beleuchtung aus), verrichtet er seine Dienste dezent und unauffällig ohne großes Bling-Bling.
Wie installiere und richte ich den WLAN-Router ein?
Die Ersteinrichtung (Standard-IP: 192.168.1.1) ist einigermaßen einsteigerfreundlich und elegant gelöst, danach präsentiert sich die Browser-basierte UI so komplex, wie es Fortgeschrittene gerne mögen und manchen Einsteiger überfordern mag. Für letztere Gruppe hat Asus seine Android/iOS-Apps in Angebot, die aber im Funktionsumfang unverständlicherweise eingeschränkt sind. Meine Empfehlung geht hier eindeutig Richtung Browser, da ihr hier alle Einstellungen vornehmen könnt.
Asus RT-AC86U Test: Bedienung, UI, Alltag
Ist die erste Hürde gemeistert, gibt es jede Menge wichtiger, wie unwichtiger Einstellungen und Optionen, die man nun vornehmen kann. Die imho nützlichste Einstellung findet ihr unter WLAN->Allgemein-> Smart Connect aktivieren. TIPP: Smart Connect bietet die Möglichkeit, beide WLAN-Netzwerke unter einem gemeinsamen Netzwerknamen (SSID) betreiben zu können.
AiProtection, in Kooperation mit Trend Micro, dient zur Überwachung des eigenen Netzwerkes in Echtzeit und ermöglicht es, Malware, Viren und andere bösartige Angriffe zu erkennen und abzuwehren. Zudem ist hier die Kindersicherung untergebracht: so lassen sich etwa Zeiten festlegen, in denen ein verbundenes Gerät Zugang zum Internet erhält. Unerwünschte Webseiten und Anwendungen können für jedes verbundene Gerät (Client) seperat blockiert werden.
QoS ist in einer fortgeschrittenen Variante namens Adaptive QoS vorhanden. Hierzu wird abermals der Datenverkehr analysiert und über vordefinierte Profile bestimmte Dienste und Anwendungen (etwa Spiele, VoIP etc) priorisiert. Ich habe es aber ebenso wie die Option Game Boost aktuell nicht (mehr) im Einsatz, kann also keine Aussage zur Wirksamkeit der Einstellungen machen. Für mich fallen sie unter die Rubrik “nice to have”.
Den Router habe ich nun knapp vier Wochen im Einsatz: Internetausfälle, Verbindungsabbrüche hatte ich bislang keine. Laptop oder Smartphone wechseln sehr zuverlässig und ohne Probleme dank Smart Connect zwischen 5 GHz (schnell auf kurzen Distanzen) und 2,4 (langsamer, über längere Distanzen nutzbar) hin und her. Davor hatte ich jeweils ein Netzwerk für 2,4 und 5 GHz eingerichtet und musste oft per Hand das WLAN wechseln.
Versuche, die gleiche SSID zu vergeben und darauf zu bauen, dass Router und/oder WLAN-Client intelligent genug waren, automatisch das bessere Netz zu wählen, gingen schief. Daran habe ich über Monate herumgedoktert, ohne jemals ein wirklich befriedigendes Setup auf die Beine stellen zu können.
Die Reichweite ist gegenüber der Fritzbox 6490 spürbar gestiegen. Gerade die problematischen Ecken oder die Orte, an denen vorher kein Empfang mehr möglich war, gehören zu den großen Gewinnern: so kann ich im nächsten Sommer wieder bzw. endlich auch im Garten mit dem Laptop sitzen und im Netz surfen. Wieder ein Grund weniger fürs Joggen oder die Gartenarbeit, hüstel…
Und die AC86U VPN-Performance?
Zu den Highlights und zum persönlich wichtigsten Verkaufsargument gehört die Möglichkeit, sowohl einen eigenen VPN-Server, als auch mehrere Open-VPN-Clients einzurichten. Leider verfügen die in Deutschland als eiermilchlegende Wollmilchsau gepriesenen Fritzbox-Modelle ab Werk (Freetz ist eine andere Geschichte) nicht über die Möglichkeit, einen VPN-Client einzurichten, da die entsprechenden Protokolle nicht unterstützt werden. Das können (mittlerweile) ein ganzer Haufen (auch günstiger) Router, wovon aber in den einschlägigen Testberichten so gut wie nie die Rede ist.
Bei mir liegen maximal 150 Mpbs Down- und 10 Mbps Uploadgeschwindigkeit an. Diese Werte können mit einem OpenVPN-Client, der direkt im Router läuft, annähernd gehalten werden. Wie man einen VPN-Router einrichtet, erfahrt in diesem Beitrag. Hierzu habe ich sieben VPN-Anbieter auf Herz und Nieren geprüft.
Zusammenfassung und Fazit
Letzte Aktualisierung am 1.12.2023 um 04:05 Uhr / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
Die Investition hat sich aus meiner Sicht gelohnt, da vor allem die vielen WLAN-Clients (manchmal bis zu zwei Dutzend) vom stabilerem Netzwerk profitieren. Viele Features (mit Asuswrt-Merlin Firmware noch mehr) stehen bereit, die sich auch im Alltag positiv bemerkbar machen, stehen auf der Haben-Seite. Auf der anderen Seite muss man anmerken, dass die ASUS Benutzeroberfläche ein klein wenig aus der Zeit gefallen sein mag, und über 200 Euro trotz allem kein Pappenstiel darstellen. Durch Features wie Asus AIMesh (wenn man mehrere Asus-Router im Einsatz hat) und eine zeitgemäße technische Ausstattung sollte man insgesamt betrachtet für die nächsten Jahre gut aufgestellt sein.